Wir treffen Gerhard Kubik, einen Meister, der seit über 60 Jahren theoretisch wie praktisch über die Musiken Afrikas arbeitet. Kubik ist einer der führenden Experten für afrikanische Musik unserer Tage. Er macht musikalische Praktiken aus verschiedenen Kulturen des Kontinents für uns erfahrbar.
Gerhard Kubik ging 1959 nach Uganda, um die Ursprünge von Jazz und Blues zu erkunden. Dort lernte er die Amadinda kennen. Dies war der Beginn seiner lebenslangen engen Beziehung zur Musik Afrikas. Seither ist kein Jahr vergangen, in dem Kubik Afrika nicht besucht hätte. Schon bald beschränkte sich sein Interesse nicht mehr nur auf die Musik Afrikas, sondern weitete sich auch auf dessen Tanz, seinen Totemismus, auf orale Traditionen und die Erziehung aus. Kubiks paradigmenändernde Forschungen beeinflussten die polyrhythmische Denkweise des zeitgenössischen Komponisten György Ligeti. Indem Kubik sein psychoanalytisches Studium auf Afrika anwendete, schuf er unter der Bezeichnung „Ethnopsychoanalyse“ eine neue Behandlungsform, bei der lange Spaziergänge die freudsche Couch ersetzen.
Die Abendveranstaltung umfasst eine Livemusikdarbietung, bei der zugleich Kenntnisse über charakteristische Musiksysteme und Instrumente Afrikas vermittelt werden. Gespielt wird auf der Amadinda (Xylofon aus Uganda), der Nkangala (einsaitiger Mundbogen aus Malawi) und der Kundi (Harfe aus der der Demokratischen Republik Kongo). Die Aufführungen werden von Gerhard Kubik, dem Anthropologen Moya-Aliya Malamusi und dem musikwissenschaftlichen Doktoranden Ferhat Arslan begleitet.
Die Sprachen der Veranstaltung sind Deutsch und Türkisch. Die Teilnahme ist kostenfrei.
Gerhard Kubik (1934, Wien) zeigt seine Beziehung zu Afrikas Musiktraditionen nicht nur in seinen akademischen Arbeiten, sondern auch durch seine Aufführungen. Neben den Produktionstechniken der afrikanischen Musik, die von Region zu Region variieren und auf verschiedenen mechanischen und ästhetischen Prinzipien gründen, thematisiert er auch die psychologischen, sozialen und kulturellen Kontexte dieser Produktion, und zwar mit Hilfe von aus der jeweiligen Kultur sich herleitender Terminologie und ebensolchen Interpretationen. Wegen seiner zahllosen Publikationen (wie Theory of African Music I-II, Zum Verstehen afrikanischer Musik, Jazz Transatlantic I-II und Africa and the Blues) und seines Unterrichts, den er auch jetzt noch an verschiedenen Universitäten auf der ganzen Welt erteilt, wird er zu den führenden Experten für afrikanische Musik gerechnet.
Moya Aliya Malamusi (1959, Blantyre) dissertierte 2004 an der Universität Wien mit einer Arbeit über Nyau (eine mit Masken operierende geheime Initiationsgemeinschaft in Malawi). Zuvor hatte er gemeinsam mit Gerhard Kubik seit den 1960er Jahren in Afrika und verschiedenen anderen Regionen der Welt Forschungen zu traditionelle Medizinpraktiken, Musik und Tanz angestellt. Im Verlaufe der von ihm unternommenen zahlreichen wissenschaftlichen Exkursionen schuf er ein Archiv afrikanischer Musikinstrumente und lernte zahlreiche davon spielen. Neben seiner Lehrtätigkeit an der Universität Wien und der Sigmund Freud PrivatUniversität Wien nahm er auch an zahlreichen wissenschaftlichen Projekten teil.
Ferhat Arslan (1982, Istanbul) lernte 2002 Prof. Alper Maral kennen, der sein dauerhafter akademischer Lehrer wurde, und fand zugleich die Möglichkeit, mit verschiedensten Musikarten der Welt in Kontakt zu treten. Seit damals interessiert er sich für die sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Produktions- und Rezeptionsformen der Musik. Er hat Veröffentlichungen zu so verschiedenen Themen wie Krautrock, in Ostafrika entstandene Formen des Dhikr und die Innendynamiken des Fachs Ethnomusikologie vorgelegt. Seit 2016 bereitet er am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien seine von Gerhard Kubik betreute Dissertation vor.
Datum: Mittwoch, 7. Oktober, 19.30 Uhr
Ort: Festsaal, Amtshaus 9. Bezirk, Währinger Str. 43, 1090 Wien